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OLG Frankfurt: Selbstabholung der Mietsache als verbotene Eigenmacht des Vermieters

Von solchen Fällen hört und liest man immer wieder: Der Mieter gerät in Zahlungsrückstand, doch der Vermieter wartet nicht auf die doch recht langsam mahlenden Mühlen der Justiz, sondern lässt das vermietete Auto eigenmächtig abholen, veräußert es spornstreichs und bedient sich am Erlös. Über diese Vorgehensweise hatte das OLG Frankfurt, Urt. v. 26.5.2023 – 2 U 165/21, zu befinden, zumal das Geschäftsmodell des Vermieters auf eben dieser „Masche“ beruhte. „Cash & Drive“ nannte dieser sein Gewerbe, das dieser bundesweit betrieb. Er kümmerte sich um die Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe seiner Klientel: Den in der Regel bereits säumigen Schuldnern kaufte er das Fahrzeug ab, vermietete dieses wieder an sie für einen bestimmten Zeitraum und vereinnahmte die entsprechenden Mieten. Im entschiedenen Fall zahlte er seinem Mieter für den Erwerb des Fahrzeugs 1.500 €; die Monatsmiete betrug rund 150 €.

Doch als der Mieter nicht mehr zahlte, kündigte der Vermieter das Vertragsverhältnis und forderte den Mieter zur unverzüglichen Rückgabe des Fahrzeugs auf. Da dieser der Aufforderung nicht nachkam, ging der Vermieter so vor, wie dies in den AGB in transparenter Sprache angekündigt war: Abholen und Verwerten des Pkw im Rahmen einer Versteigerung. Doch der Mieter – und darin folgte ihm das OLG – sah darin eine verbotene Eigenmacht, zumal das Auto inzwischen verschwunden war. Also stattdessen: Forderung nach Wertersatz i.H.v. 3.750 € sowie Nutzungsentschädigung für die Dauer von stolzen zwei Jahren, macht immerhin 17.000 €.

Das OLG verwarf die AGB des Vermieters: Verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) und daher Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Im Gegenzug uneingeschränkte Geltung des Verbots der Selbstjustiz als rechtsstaatlich begründetes Codewort. Gleichzeitig Schuldvorwurf an die Adresse des Vermieters: Fahrlässigkeit. Kein Vertrauensschutz auf die Rechtmäßigkeit der AGB, mithin auch: der Todesstoß gegen den Eckstein des Geschäftsmodells „Cash & Drive“. Doch das OLG ließ auch den Mieter nicht ungeschoren: Genauso wie das LG zuvor sah es bei ihm ein hälftiges Mitverschulden; zu lange gewartet. Nur die „erforderliche Ausfallzeit“ in der Nutzung des eigenen Pkw geht zu Lasten des Vermieters.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.06.2023 12:30
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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