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Erfreuliche Bilanz des „Commercial Courts“ in Baden-Württemberg

Seit mehr als zwei Jahren leisten zwei Kammern am LG Stuttgart (49. Zivilkammer und 31. Kammer für Handelssachen) als „Commercial Courts“ eindrucksvolle Arbeit. In dieser Zeit waren ca. 600 Verfahrenseingänge zu verzeichnen. Sie alle betreffen große Wirtschaftssachen; die Verfahrenssprache ist Englisch; die technische Ausstattung der Kammern auf dem neuesten Stand. Seit der Gründung dieser Kammern konnten ca. 400 Verfahren abgeschlossen werden; die durchschnittliche Dauer der Verfahren beträgt beeindruckende 6,5 Monate. Entsprechend der Spezialisierung der dort tätigen Richter bezogen sich ca. 150 Verfahren auf Streitigkeit aus Unternehmenskäufen, die für gewöhnlich bei Schiedsgerichten landen. Den restlichen 450 Verfahren lagen gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten zugrunde, deren durchschnittlicher Streitwert ca. 500.000 € ausmachte. Erstaunlich ist auch: Die Rechtsmittelquote liegt unter 10 %.

Standort dieser „Commercial Courts“ ist neben Stuttgart auch Mannheim. Beim OLG in Stuttgart sind zwei Rechtsmittelsenate eingerichtet. Angesichts dieser so erfreulichen Bilanz verwundert es nicht, dass die in Baden-Württemberg gewonnenen Erfahrungen vorrangig in den Entwurf des BMJ eingeflossen sind, der am 25.4.2023 der Öffentlichkeit unterbreitet wurde. Es geht – hier wie dort – darum, den Rechtsstandort Deutschland gerade auch für große internationale Streitigkeiten zu stärken: Die an diesen spezialisierten Kammern zu führenden Verfahren sollen daher an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgerichtet werden; sie sollen schnell und vor allem auch effizient (mehrtägige Verhandlungen) geführt werden; ein Wortprotokoll ist zu erstellen, Videovernehmungen sind zulässig. Genauso wie in Stuttgart und Mannheim müssen jedoch die Parteien die Zuständigkeit der „Commercial Courts“ durch eine entsprechende prozessuale Abrede vereinbaren.

Beim gerade beendeten zweiten Stuttgarter Commercial-Court-Symposion sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges mit berechtigtem Stolz: „Unsere beiden Commercial-Court-Standorte sind zu Top-Adressen für Streitfragen im Wirtschaftsrecht geworden.“ Zu hoffen ist, dass dieses Signal sehr bald auch in anderen Bundesländern gehört und dort durch rasche Umsetzung der Initiative des BMJ noch verstärkt wird. Denn seit 2010 sind mehrere Initiativen der Bundesländer, den Justizstandort Deutschland – auch durch Einführung der englischen Sprache als Gerichtssprache – zu stärken, im Sande verlaufen.

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.05.2023 07:36
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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