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OLG Hamm: Justizgewährungsanspruch bei drohendem Eingriff in die deutsche Justizhoheit

Einen keineswegs alltäglichen Fall hatte das OLG Hamm, Urt. v. 2.5.2023 – 9 W 15/23, zu entscheiden: Der Kläger hatte in einer internationalen Streitigkeit ein Unterlassungsklageverfahren gegen eine in Spanien ansässige Beklagte vor dem LG Essen angestrengt. Dieses Verfahren zielte darauf ab, der Beklagten zu untersagen, in den USA eine Vollstreckung gegen die Klägerin aus einem Schiedsurteil weiter zu betreiben. Doch mit Hilfe eines in den USA angestrengten Verfahrens wollte die Beklagte erreichen, dass das vor dem LG anhängige Unterlassungsverfahren gegen sie gestoppt und der Kläger zu einer Klagerücknahme gezwungen wird. Dagegen richtete sich jetzt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Klägers. Aufgrund einer Beschwerde gelangte dieses Verfahren nunmehr zum OLG Hamm. Die Beklagte machte vor dem OLG geltend, die beantragte Verfügung würde, so sie denn erlassen würde, in unzulässiger Weise in die Hoheitsrechte der Vereinigten Staaten eingreifen.

Doch genau dies verneinte das OLG. Es bejahte vielmehr den Verfügungsanspruch des Klägers, weil dieser als Justizgewährungsanspruch aus § 823 Abs. 1 oder 2 BGB folgt, da ja das amerikanische Verfahren mit seiner gegen den Kläger gerichteten Verbotsanordnung einen unzulässigen Eingriff in die deutsche Justizhoheit darstellt. Wörtlich: „Das hier von den Verfügungsbeklagten zunächst einmal erfolgte Betreiben eines Verfahrens in den USA zwecks Verhinderung der Fortführung des vor dem LG Essen anhängigen Klageverfahrens stellt einen unzulässigen Eingriff in diesen Justizgewährungsanspruch und zugleich in die Justizhoheit Deutschlands dar. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Verfügungskläger mit dem beim LG anhängigen Unterlassungsklageverfahren seinerseits ein Verfahren betreibt, um die Fortführung des in den USA von den Verfügungsbeklagten anhängig gemachten Vollstreckungsverfahrens zu stoppen.“ Denn so die weitere Argumentation des OLG: „Entscheidend ist hier allein, dass es nicht angeht, letztlich zu verhindern, dass ein angerufenes deutsches Gericht über die ihm vorgelegten Begehren entscheiden kann.“

Daraus erwächst folgender redaktioneller Leitsatz: „Dem Verfügungskläger steht ein Verfügungsanspruch als Justizgewährungsanspruch nach § 823 Abs. 1 oder 2 BGB zu (Eingriff in die Justizhoheit Deutschlands), um zu verhindern, dass ein Verfahren im Ausland eingeleitet wird, um dem Kläger die Rechtsverfolgung im Inland unmöglich zu machen.“



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.05.2023 07:07
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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