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EuGH: Anspruch des Arbeitnehmers auf tägliche Ruhezeit zusätzlich zur wöchentlichen zu gewähren

Die tägliche Ruhezeit kommt zur wöchentlichen Ruhezeit hinzu, auch wenn sie dieser unmittelbar vorausgeht. Dies ist auch dann der Fall, wenn die nationalen Rechtsvorschriften den Arbeitnehmern eine wöchentliche Ruhezeit gewähren, die länger ist als unionsrechtlich vorgegeben. Das hat der EuGH, Urt. v. 2.3.2023 – C-477/21 – MÁV-START, entschieden.

Ein Lokführer, der bei der ungarischen Eisenbahngesellschaft MÁV-START beschäftigt ist, klagte vor dem Gerichtshof Miskolc gegen die Entscheidung seiner Arbeitgeberin, ihm keine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden (auf die der Arbeitnehmer gemäß der Arbeitszeit-RL 2003/88/EG pro 24-Stunden-Zeitraum Anspruch hat) zu gewähren, wenn diese Ruhezeit einer wöchentlichen Ruhezeit oder einer Urlaubszeit vorausgeht oder dieser nachfolgt. MÁV-START machte geltend, dass ihr Arbeitnehmer durch ihre Entscheidung in keiner Weise benachteiligt werde, da der im vorliegenden Fall anwendbare Tarifvertrag eine wöchentliche Mindestruhezeit gewähre, die mit mindestens 42 Stunden deutlich über der von der Richtlinie vorgegebenen (24 Stunden) liege.

Der EuGH hat nun festgestellt, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei autonome Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die tägliche Ruhezeit ermögliche es dem Arbeitnehmer, sich für eine bestimmte Anzahl von Stunden, die nicht nur zusammenhängen, sondern sich auch unmittelbar an eine Arbeitsperiode anschließen müssen, aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen. Die wöchentliche Ruhezeit ermögliche es dem Arbeitnehmer, sich pro Siebentageszeitraum auszuruhen. Folglich sei den Arbeitnehmern die tatsächliche Inanspruchnahme beider Rechte zu gewährleisten.

Wäre die tägliche Ruhezeit hingegen Teil der wöchentlichen Ruhezeit, würde der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit dadurch ausgehöhlt, dass dem Arbeitnehmer die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Ruhezeit vorenthalten würde, wenn er sein Recht auf wöchentliche Ruhezeit in Anspruch nimmt. Die Richtlinie beschränke sich nicht darauf, allgemein eine Mindestdauer für das Recht auf eine wöchentliche Mindestruhezeit festzulegen, sondern stelle ausdrücklich klar, dass zu diesem Zeitraum der Zeitraum hinzukommt, der mit dem Recht auf tägliche Ruhezeit verknüpft ist.

Der Gerichtshof hat auch festgestellt, dass die im Vergleich zur Richtlinie günstigeren Bestimmungen des ungarischen Rechts über die Mindestdauer der wöchentlichen Ruhezeit dem Arbeitnehmer nicht andere Rechte nehmen können, die ihm diese Richtlinie gewährt, insbesondere nicht das Recht auf tägliche Ruhezeit.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.03.2023 08:11
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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