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LG Düsseldorf v. 11.11.2022 - 38 O 144/22

Ärger um Werbung für Fischstäbchen

Zu mehr als der (rein betragsmäßigen) Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verpflichtet § 11 Abs. 1 PAngV den Unternehmer nicht. Ein Erfordernis, diesen Preis nicht nur zu beziffern, sondern ihn in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen, stellt § 11 Abs. 1 PAngV nicht auf.

Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist Teil der Unternehmensgruppe ALDI SÜD. Sie gibt wöchentlich Prospekte heraus, in denen u.a. Angebote aus dem Filialsortiment der Unternehmensgruppe vorgestellt werden. Der Antragsteller ist in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen. Er hielt die Werbung der Antragsgegnerin für die Fischstäbchen und 13 weitere Artikel für unzulässig, weil sie den Verbraucher nicht über den niedrigsten Gesamtpreis informiere, den die Antragsgegnerin innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigungen für diese Waren gefordert habe. Die bloße Angabe des Streichpreises genüge nicht. Außerdem stifte die Antragsgegnerin Verwirrung, weil sie in den Prospekt bei einigen Artikeln zusätzliche Angaben zum niedrigsten Verkaufspreis der letzten 30 Tage aufgenommen habe.

Auf einen von dem Antragsteller nach vergeblicher Abmahnung gestellten Antrag hin ist eine einstweilige Verfügung erlassen und der Antragsgegnerin untersagt worden „für Waren mit Preisermäßigungen/Streichpreisen zu werben, ohne den für diese Ware niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben oder den Streichpreis als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu kennzeichnen“. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch der Antragsgegnerin hat das LG die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Antrag ist unbegründet. Die allgemeinen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs lagen zwar vor, da der Antragsteller gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt war und Herausgabe wie Verbreitung der Prospekte geschäftliche Handlungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellten, die die Antragsgegnerin entweder selbst vorgenommen hatte (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) oder von jemandem hatte vornehmen lassen, dessen Verhalten gem. § 8 Abs. 2 UWG einen Unterlassungsanspruch auch gegen sie begründete. Das beanstandete geschäftliche Handeln verwirklichte unter den von dem Antragsteller geltend gemachten Gesichtspunkten jedoch keinen Unlauterkeitstatbestand und konnte der Antragsgegnerin deshalb nicht als gem. § 3 Abs. 1 UWG unzulässig verboten werden.

Die Geschäftspraxis der Antragsgegnerin erwies sich nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV als unlauter. Danach betrafen die Informationspflichten, deren Verletzung der Antragsteller geltend machte, die kommerzielle Kommunikation i.S.v. Art. 7 Abs. 5 UGPRL (und damit zugleich i.S.v. § 5b Abs. 4 UWG). Die Informationsanforderungen sind im Unionsrecht festgelegt, nämlich in Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL, deren Umsetzung § 11 Abs. 1 PAngV dient. Auf den Umstand, dass Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL in der Liste nach Anhang II der UGPRL nicht enthalten sind, kommt es nicht an. Der deshalb angezeigten Beurteilung der Lauterkeit der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin anhand von §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG steht Art. 3 Abs. 4 UGPRL (und gleichlaufend der diese Vorschrift in nationales Recht umsetzende § 1 Abs. 2 UWG) nicht grundsätzlich entgegen. Eine nach alledem grundsätzlich in Betracht kommende Unlauterkeit der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin nach §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG wegen eines als Vorenthalten wesentlicher Informationen zu qualifizierenden Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV ist allerdings zu verneinen, weil die seitens des Antragstellers monierte Bewerbung der Fischstäbchen und der 13 weiteren von ihm benannten Artikel § 11 Abs. 1 PAngV nicht verletzte.

Der Verpflichtung zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage hat die Antragsgegnerin entsprochen. Die Antragsgegnerin hatte mit dem Streichpreis den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angegeben. Zu mehr als der (rein betragsmäßigen) Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verpflichtet § 11 Abs. 1 PAngV den Unternehmer nicht. Ein Erfordernis, diesen Preis nicht nur zu beziffern, sondern ihn in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen, stellt § 11 Abs. 1 PAngV nicht auf. Dem Wortlaut ist ein solches Erfordernis nicht ausdrücklich zu entnehmen, wenn er auch einer solchen Auslegung nicht unbedingt entgegensteht. Und auch aus der Systematik der PAngV ergibt sich keine Pflicht, den Preis in bestimmter Weise zu bezeichnen oder zu erläutern. Eine richtlinienkonforme Auslegung im Lichte des in § 11 Abs. 1 PAngV umgesetzten Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL bestätigt dieses Ergebnis.

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Aufsatz
Das "klimaneutrale" Produkt - eine Verbrauchertäuschung?
Verena Hoene, IPRB 2022, 209

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.03.2023 11:37
Quelle: Justiz NRW

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