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Schleswig-Holsteinisches OLG v. 24.11.2022 - 5 U 141/21

Vorfinanzierte Bausparvertragssumme: Prozentuale Aufteilung der Abschlussgebühr bei der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes

Wird die Bausparvertragssumme vorfinanziert, so ist die Abschlussgebühr bei der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes auf denjenigen des Vorfinanzierungsdarlehens und denjenigen des Bauspardarlehens prozentual aufzuteilen. Die prozentuale Verteilung richtet sich nach der prozentualen Verteilung von Bauspardarlehen und angesparten Raten im Verhältnis zur Bausparvertragssumme.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um den Widerruf eines Immobiliardarlehensvertrags und eines Bausparvertrags. Die Klägerin schloss mit der Beklagten im August 2014 einen endfälligen Immobiliardarlehensvertrag, der durch ein zukünftiges Bauspardarlehen sowie die auf den noch abzuschließenden Bausparvertrag angesparten Beträge abgelöst werden sollte. Der Abschluss des Bausparvertrages war Voraussetzung für den Darlehensvertrag. Bei Abschluss des Bausparvertrags war eine Abschlussgebühr von 1.600 € zu entrichten. In dem Darlehensvertrag wird auf diese Gebühr hingewiesen.

Der effektive Jahreszins des zur Vorfinanzierung abgeschlossenen streitgegenständlichen Darlehensvertrags wird mit 2,76 % angegeben und derjenige des zukünftigen Bauspardarlehens mit 2,68 %. Die Klägerin widerrief ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung mit Schreiben von Februar 2020.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklagte hat die Klägerin nicht entgegen Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unzutreffend über den effektiven Jahreszinssatz informiert. Der effektive Darlehenszins für das hier in Rede stehende Vorfinanzierungsdarlehen beträgt 2,76 %. Das steht zur Überzeugung des Senats fest.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der PAngV in der vom 1.1.2013 bis zum 20.3.2016 geltenden Fassung sind bei Krediten als Preis die Gesamtkosten als jährlicher Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" zu bezeichnen. Bei der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes ist bei Bauspardarlehen von der Abschlussgebühr im Zweifel nur der Teil zu berücksichtigen, der auf den Darlehensanteil der Bausparvertragssumme entfällt (§ 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV aF). Wird die Bausparvertragssumme, wie hier, vorfinanziert, so ist die Abschlussgebühr bei der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes auf denjenigen des Vorfinanzierungsdarlehens und denjenigen des Bauspardarlehens zu verteilen, weil sie nur einmal zu entrichten ist und deshalb nicht beide Zinssätze erhöhen kann. Sie ist prozentual aufzuteilen.

Diese prozentuale Verteilung richtet sich nach der prozentualen Verteilung von Bauspardarlehen und angesparten Raten im Verhältnis zur Bausparvertragssumme, da die Verteilung auf das Bauspardarlehen durch § 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV a.F. gesetzlich vorgeschrieben ist und das Vorfinanzierungsdarlehen wirtschaftlich betrachtet der Vorfinanzierung der noch anzusparenden Raten dient.

An diesen Maßstäben gemessen belief sich der effektive Jahreszins des streitgegenständlichen Immobiliarkredits auf 2,76 %. Das steht zur Überzeugung des Senats fest. Die Überzeugung speist sich aus dem Gutachten des Sachverständigen. Dieser kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, der effektive Jahreszins belaufe sich auf 2,76 %, wenn die Abschlussgebühr zu knapp 40 % auf die Vorfinanzierung anzurechnen ist. So liegt es hier. Die Abschlussgebühr war nach § 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV a.F. zu 60 % auf das Bauspardarlehen und zu 40 % auf den angesparten Betrag zu verteilen, weil sich das Bauspardarlehen auf rd. 60.000 € und damit rd. 60 % der Bausparsumme von 100.000 € beläuft. Das streitgegenständliche Darlehen dient der Vorfinanzierung der Bausparsumme, so dass, wie geschehen, 40 % der Abschlussgebühr auf das der Vorfinanzierung dienende streitgegenständliche Darlehen anzurechnen sind.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Unwirksamkeit der Klausel zu Jahresentgelt in Ansparphase von Bausparverträgen
BGH vom 15.11.2022 - XI ZR 551/21
ZIP 2022, 2536

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.01.2023 16:22
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein

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