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KG Berlin v. 23.11.2022 - 22 W 50/22

Ausüben von Gesellschafterrechten durch Erben eines GmbH-Gesellschafters

Die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters. Sie können Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für einen Nachlasspfleger, der für die unbekannten Erben des Gesellschafters bestellt ist.

Der Sachverhalt:
Die Gesellschaft, eine GmbH, ist seit Juli 2020 in das Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen. Als Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines Restaurants festgelegt. Im Dezember 2021 verstarb der einzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Gesellschaft W B. Zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben – der Erblasser war geschieden, seine einzige Schwester schlug die Erbschaft aus – ernannte das zuständige AG für die unbekannten Erben den Beteiligten zu 1) als Nachlasspfleger.

Auf Antrag der Beteiligten zu 2), der Lebensgefährtin des Erblassers und Mitarbeiterin in dem von der Gesellschaft betriebenen Restaurant, bestellte das AG diese im Mai 2022 zur alleinvertretungsberechtigten Notgeschäftsführerin.

Der Nachlasspfleger legte für die unbekannten Erben Beschwerde ein mit dem Ziel, eine Abberufung der Notgeschäftsführerin zu erreichen. Insoweit rügt er, dass er wegen des Antrags auf Notgeschäftsführerbestellung nicht angehört worden ist. Die Voraussetzungen des § 29 BGB seien auch nicht gegeben; die Erben könnten die Gesellschafterrechte ohne weiteres ausüben. Darüber hinaus sei die Beteiligte zu 2) auch als Geschäftsführerin ungeeignet, weil sie Erbschaftsbesitzerin sei und jede Zusammenarbeit verweigere. Die Erben hätten an der Weiterführung des Geschäftsbetriebs kein Interesse; dieser solle eingestellt werden.

Das AG half dem Rechtsmittel nicht ab. Das KG hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1) als unzulässig verworfen.

Die Gründe:
Die Beschwerde ist zu verwerfen, weil die unbekannten Erben, auf die es für diese Frage ankommt, durch die Entscheidung des AG, für die Gesellschaft einen Notgeschäftsführer zu bestellen, nicht unmittelbar in eigenen Rechten beschwert sind, so dass es an den Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

Denn diese sind durch den Wegfall des Erblassers nicht in dessen Stellung als Vertretungsorgan eingetreten. § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, der im Übrigen nur die Passivvertretung ermöglicht und schon deshalb zur Weiterführung oder auch nur Abwicklung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft nicht ausreichend ist, greift zu Gunsten der Erben des Alleingesellschafters nicht, weil diese nicht als Gesellschafter in der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste aufgeführt sind. Die Aufnahme einer solchen Liste ist auch im Erbfall vorgesehen und notwendig.

Weil es an einer die unbekannten Erben ausweisenden Gesellschafterliste fehlt, sind die unbekannten Erben auch nicht in ihrem Recht auf Bestellung der Vertretungsorgane als Gesellschafter (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG) beeinträchtigt.

Der Hinweis, die Beteiligte zu 2) sei Erbschaftsbesitzerin und kooperiere insoweit nicht mit dem Beteiligten zu 1), ist unerheblich. Bezüglich der GmbH haben die Erben lediglich die Geschäftsanteile erworben. Die Geltendmachung der hieraus entstehenden Rechte setzt die Erstellung einer entsprechenden Gesellschafterliste und deren Aufnahme in den Registerordner voraus. Dass die Beteiligte zu 2) als ehemalige Lebensgefährtin des Erblassers über andere Nachlassgegenstände verfügt, steht in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob eine Notgeschäftsführerbestellung erforderlich ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.01.2023 12:56
Quelle: Justiz Berlin online

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