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LG Frankfurt a.M. v. 18.11.2022 - 2-25 O 228/21

Klauseln über Verwahrentgelte (sog. „Strafzinsen“) unwirksam

Das LG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass Klauseln der Commerzbank AG, die ein Verwahrentgelt auf Spareinlagen vorsehen, die Kunden unangemessen benachteiligen und nicht verwendet werden dürfen.

Der Sachverhalt:
Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Hamburg e.V. Sie beanstandete Bestimmungen im Preis- und Leistungsverzeichnis bzw. dem Preisaushang der Commerzbank AG, die ein Entgelt von 0,5 % p.a. auf Einlagen in Sparkonten vorsahen. Neukunden hatten das Entgelt oberhalb eines Freibetrages von 50.000 € zu zahlen. Für Bestandskunden waren je nach Dauer der Geschäftsbeziehungen höhere Freibeträge von bis zu 250.000 € vorgesehen. Seit Juli 2022 erhebt die Bank keine Verwahrentgelte mehr.

Die auf Bankenrecht spezialisierte 25. Zivilkammer des LG stellte in ihrem heute verkündeten Urteil fest: „Die Klauseln sind unwirksam, weil sie die Kunden entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum OLG Frankfurt am Main angefochten werden.

Die Gründe:
Die Klauseln stellen Preisnebenabreden dar, denn sie wälzen Betriebskosten der Bank ohne eine echte Gegenleistung auf die Kunden ab und sie weichen von dem gesetzlichen Typus der Spareinlage ab. Charakteristisch für eine Spareinlage ist es, dass ein Kunde der Bank sein Geld anvertraut, um durch Zinsen eine Rendite zu erzielen. Die Verwahrung des Geldes ist logische Folge des Ansinnens der Bank, mit dem Geld zu arbeiten. Von einer Gebühr für die Verwahrung geht das Gesetz aber nicht aus. Negative Zinsen widersprechen dem gesetzlichen Leitbild und sind systemfremd.

Die Klauseln sind außerdem unwirksam, weil sie gegen das sog. Transparenzgebot verstoßen. Das Verwahrentgelt wird nicht als eigenes Einlagemodell eingeführt mit einer Wahl des Kunden, sondern über eine „versteckte“ und leicht zu übersehende Fußnote, die weit entfernt vom Einlagenmodell erläutert wird.

Die klagende Verbraucherzentrale kann darüber hinaus von der Commerzbank AG Auskunft über die mit einem Verwahrentgelt belasteten Kunden verlangen. Denn nur so kann überprüft werden, ob die Bank die notwendige Folgenbeseitigung tatsächlich vornimmt. Außerdem wird die Commerzbank AG dazu verpflichtet, die betroffenen Verbraucher darüber zu informieren, dass die Klauseln über Verwahrentgelte unwirksam sind und nicht mehr verwendet werden dürfen.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
Neue Entwicklungen zum Recht der Negativzinsen
Franz-Josef Lederer, AG 2022, R224

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.11.2022 11:10
Quelle: LG Frankfurt a.M. PM vom 18.11.2022

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