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OLG Brandenburg v. 23.3.2022 - 7 W 37/22

Sind Vereine mit wirtschaftlichen Zwecken eintragungsfähig?

Das gemeinsame Benutzen gemeinsam beschaffter Ressourcen unterscheidet den Idealverein von einer bloßen Beschaffungsgemeinschaft, Einkaufszentrale oder Konsumgenossenschaft mit unternehmerischem Charakter. Ist in einer Vereinssatzung ausdrücklich ein Ausschüttungsverbot angeordnet und dürfen Überschüsse nur zur Förderung des Vereinszwecks verwendet, dann weist auf ein dem Gläubigerschutz dienliches hohes Eigenkapital hin und auf das für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht typische Vermeiden unternehmerischen Risikos.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hat sich in seiner Satzung „die Förderung, Entwicklung und Zusammenarbeit der deutschen Wirtschaft[,] insbesondere des Mittelstandes“ zum Ziel gesetzt. Zum „Zweck eines regen Erfahrungsaustausches“ diene das „Verbinden von mittelständischen Unternehmen untereinander“, der „Ausbau einer Vernetzung zum gegenseitigen Nutzen“ und die „Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Unternehmen und Selbstständigen aus Ländern der EU“. Er hatte beim AG die Eintragung in das Vereinsregister beantragt.

Das AG hat die Eintragung abgelehnt. Weil der Antragsteller seine satzungsgemäßen Zwecke durch „Veranstaltung von Workshops und Seminaren“, „Herstellung von Kontakten“, „Erschließung von Zugängen zu … Förderprogrammen“, „Recherche von Möglichkeiten der Präsentation und Weiterentwicklung“ und „Erschließung von Möglichkeiten zur Steigerung der Kosteneffizienz in Zusammenarbeit mit den beratenden Berufen“, verwirklichen will, erhielten die Mitglieder des Antragstellers als Gegenleistung für ihren Mitgliedsbeitrag Unterstützung für ihre Unternehmen, die sie auf dem Markt nur gegen Entgelt erwerben könnten. Damit übe der Antragsteller eine wirtschaftliche, unternehmerische Tätigkeit auf einem inneren, nur seinen Mitgliedern zugänglichen Markt aus und dürfe nicht als Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss aufgehoben und das AG angewiesen, über den Eintragungsantrag erneut zu entscheiden und dabei die in diesem Beschluss dargelegte Rechtsauffassung zu beachten.

Die Gründe:
§ 21 BGB steht der Eintragung des Antragstellers in das Vereinsregister nicht entgegen. Der Zweck des Antragstellers ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.

Die Differenzierungsmerkmale sowohl eines sog. inneren Marktes als auch des dem äußeren Markt vergleichbaren Angebots eignen sich entgegen der Ansicht des AG nur unzureichend, um einen wirtschaftlichen von einem nicht wirtschaftlichen Verein zu unterscheiden. Ideele Zwecke werden nicht allein dadurch zu wirtschaftlichen, dass sie auch im Wettbewerb mit anderen zum Gegenstand gewinnorientierten Handelns gemacht werden könnten. Ein Verein betreibt daher nicht allein deshalb einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, weil er seinen Mitgliedern Leistungen anbietet, die sie auch bei am Wettbewerb teilnehmenden Wirtschaftsunternehmen gegen Entgelt beziehen könnten. Andererseits wird der auf eine Leistung gerichtete Zweck nicht allein dadurch zu einem ideellen, dass der Verein sich mit seinem Angebot allein an seine Mitglieder wendet, sich so auf den inneren Markt beschränkt und eventuell keinen marktüblichen Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern gleichartiger Leistungen betreibt.

Der Senat hält in der Fallkonstellation eines Angebots marktgängiger Leistungen an die Vereinsmitglieder Abgrenzungskriterien für tauglich, die auf eine für das berechtigte Gewinnstreben eines Unternehmens im Wettbewerb untypische weitere Zwecksetzung hindeuten. Einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entspricht eher eine Anonymität der Leistungsbeziehung, in der das Mitglied dem Verein in einer Rolle als Kunde wie ein anonymer Marktteilnehmer gegenübertritt. Auf einen ideellen Zweck deutet das Ziel hin, die Vereinsleistungen nicht in Vereinzelung nach je eigenem, selbst und allein bestimmtem und verwirklichtem Bedürfnis des einzelnen Mitglieds in Anspruch zu nehmen, sondern Nutzung und Verwendung der vom Verein gebotenen Ressourcen als eine gemeinschaftliche, aufeinander bezogene Tätigkeit zu verstehen, um in dieser Gemeinschaft einen weiteren, über den bloßen Leistungsbezug hinausreichenden Zweck zu finden.

Auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist danach der Zweck eines Beschaffungsvereins gerichtet, der Preisvorteile großer Kauf-, Nutzungs- oder anderer Erwerbsverträge in Anspruch nimmt und dem seine Mitglieder im sog. inneren Markt oder Binnenmarkt wie anonyme Kunden gegenüberstehen, die den Vorteil der Mitgliedschaft allein in der Weitergabe des Preisvorteils sehen. Das gemeinsame Benutzen der gemeinsam beschafften Ressourcen unterscheidet den Idealverein hingegen von einer solchen bloßen Beschaffungsgemeinschaft, Einkaufszentrale oder Konsumgenossenschaft mit unternehmerischem Charakter. Schließlich weist es auf einen ideellen Zweck und auf einen Unterschied zur vereinsmäßig strukturierten Mitunternehmerschaft hin, wenn die Mitglieder nicht am etwaigen wirtschaftlichen Erfolg der Vereinsleistungen beteiligt sind.

Dieses letztgenannte Merkmal eines Idealvereins erfüllt der Antragsteller durch das in seiner Satzung ausdrücklich angeordnete Ausschüttungsverbot. Überschüsse dürfen nur zur Förderung des Vereinszwecks verwendet oder Rücklagen zugeführt werden. Das weist auf ein dem Gläubigerschutz dienliches hohes Eigenkapital hin und auf das für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht typische Vermeiden unternehmerischen Risikos.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.06.2022 14:24
Quelle: Landesrecht Brandenburg

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