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Aktuell in der ZIP

Die Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum DiREG - eine erste Einordnung (Stelmaszczyk/Strauß, ZIP 2022, 1077)

Am 13.4.2022 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG-RegE) beschlossen; der zugrunde liegende Referentenentwurf war erst am 22.3.2022 veröffentlicht worden. Dieses frühe Digitalisierungsvorhaben des neuen Gesetzgebers erweitert und arrondiert die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) erstmals geschaffenen Möglichkeiten zur Online-Beurkundung im Gesellschaftsrecht. Der Entwurf stellt eine ausgewogene Lösung dar, die notwendige und sinnvolle Digitalisierungsmaßnahmen mit dem Erhalt der Funktionen des notariellen Verfahrens verbindet.


A. Der Ausgangspunkt: Das DiRUG
B. Die Fortführung: Das DiREG

C. Erweiterungen und Präzisierungen des sachlichen Anwendungsbereichs durch das DiREG
I. Registeranmeldungen
II. Beurkundungspflichtige GmbH-Gesellschafterbeschlüsse
1. Ausweitung auf einstimmige Beschlüsse
2. Beurkundung nur nach §§ 16a ff. BeurkG k.F.
3. Zulässigkeit nicht in Präsenzform gefasster Beschlüsse, § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-E
a) Verhältnis des Zustimmungserfordernisses nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-E zum Einstimmigkeitserfordernis des § 53 Abs. 3 Satz 2 GmbHG-E
b) Verhältnis des präsenzlosen Verfahrens nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-E zum Online-Verfahren nach §§ 16a ff. BeurkG k.F.
c) Verhältnis einer Abstimmung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-E zur Abstimmung im Umlaufverfahren nach § 48 Abs. 2 GmbHG
d) Verhältnis der Ausnahmeregelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-E zu Satzungsbestimmungen nach § 45 Abs. 2 GmbHG
III. Übernahmeerklärungen
IV. Sacheinbringungen
V. Nicht beurkundungsbedürftige Erklärungen und Beschlüsse
VI. Gesellschafterliste, Übernehmerliste
VII. Vollmachten
1. Gründungsvollmachten
2. Registervollmachten
3. Beschränkung auf beurkundete Vollmachten
VIII. Verstoßfolgen
D. Änderungen bei der örtlichen Zuständigkeit
E. Fazit


A. Der Ausgangspunkt: Das DiRUG

In Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und unter Berücksichtigung der Single-Digital-Gateway-Verordnung hat der Gesetzgeber noch in der vergangenen Legislaturperiode das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) verabschiedet. Dadurch wird ab dem 1.8.2022 insbesondere die Gründung von GmbHs im Wege eines notariellen Online-Verfahrens ermöglicht.

Kernelement des Gesetzes sind die neuen beurkundungsrechtlichen Vorschriften der §§ 16a ff. BeurkG in der künftigen Fassung (k.F.), die ein notarielles Video-Beurkundungsverfahren einrichten, das die wesentlichen Grundsätze des notariellen Präsenzverfahrens funktionsäquivalent in die digitale Welt überführt. Hinzu tritt ein ähnlich ausgestaltetes Verfahren zur Video-Beglaubigung nach § 40a BeurkG k.F. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die qualifizierte elektronische Signatur von Notar und Beteiligten, die nach § 16b Abs. 4 BeurkG k.F. an die Stelle der Unterschriften tritt, die persönliche Identifikation der Beteiligten durch den Notar mittels elektronischer Lichtbildübermittlung und eines elektronischen Identifizierungsmittels nach § 16c BeurkG k.F. sowie die Beurkundung im von der Bundesnotarkammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Verfügung gestellten hoheitlichen Videokommunikationsverfahren nach § 78p BnotO n.F.

Der Anwendungsbereich des Videoverfahrens beschränkt sich im DiRUG auf die Mindestumsetzung der Digitalisierungsrichtlinie unter Berücksichtigung der Single-Digital-Gateway-Verordnung. Daher sind bisher lediglich GmbH-Bargründungen einschließlich im Rahmen der Gründung gefasster Beschlüsse im Wege der Videobeurkundung zugelassen, § 16a Abs. 1 BeurkG k.F. i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG k.F. Hinzu treten Handelsregisteranmeldungen von Kapitalgesellschaften, von Zweigniederlassungen inländischer Kapitalgesellschaften und ausländischer Gesellschaften sowie von Einzelkaufleuten, § 40a Abs. 1 Satz 2 BeurkG k.F. i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB k.F.

B. Die Fortführung: Das DiREG
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum DiRUG die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah Regelungsvorschläge für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs zu erarbeiten. Auch der Koalitionsvertrag der gegenwärtigen Regierungskoalition enthält das Vorhaben, Gründungen mit Sacheinlagen und weitere Beschlüsse mit Videokommunikation zu ermöglichen. Außerhalb dieser Ausweitungsdiskussion haben sich im Schrifttum teilweise Fragen zur Reichweite des Anwendungsbereichs gestellt, die nach Möglichkeit präzisiert werden sollten.

Diese Vorhaben setzt der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG-RegE oder kurz DiREG) nun um. Dabei handelt es sich um einen mit beeindruckender Geschwindigkeit in Angriff genommenen, recht schlanken Gesetzentwurf, der den deutlichen Willen der Bundesregierung zur Digitalisierung zum Ausdruck bringt. Auch enthält der Entwurf – an dieser Stelle nicht weiter thematisierte – erfreuliche Ausführungen zu Fragen der Substitution.

Entscheidende Teile des Gesetzes sollen bereits zum 1.8.2022, also bereits zu dem vom DiRUG vorgesehenen Start des Videoverfahrens, in Kraft treten, Art. 10 Abs. 1 DiREG-RegE. Die restlichen Teile folgen ein Jahr später, am 1.8.2023, Art. 10 Abs. 2 DiREG-RegE.

Mit gutem Grund hält der Gesetzgeber an der durch das DiRUG vorgesehenen Ausgestaltung des Verfahrens fest. Lediglich dessen Anwendungsbereich wird ausgeweitet bzw. in Teilen präzisiert, ohne das Augenmaß zu verlieren (C). Darüber hinaus wird eine Änderung bei der örtlichen Zuständigkeit vorgenommen (D).

C. Erweiterungen und Präzisierungen des sachlichen Anwendungsbereichs durch das DiREG

I. Registeranmeldungen

Das DiRUG sieht bislang nur einen sehr eng abgegrenzten Anwendungsbereich für Registeranmeldungen vor. Der Grund hierfür lag lediglich darin, dass der Gesetzgeber den durch Digitalisierungsrichtlinie und Single-Digital-Gateway-Verordnung vorgezeichneten Anwendungsbereich nicht überschreiten wollte. Inhaltlich sinnvoll ist diese Beschränkung nicht. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Registeranmeldung einer GmbH im Online-Verfahren möglich sein soll, die Anmeldung einer KG – etwa im Rahmen der Gründung einer GmbH & Co. KG – aber nicht. Wesentliche Unterschiede zwischen den im Register verzeichneten Rechtsträgern bestehen nicht. Insbesondere ermöglicht das Online-Beglaubigungsverfahren nach § 40a BeurkG k.F. ohne Rücksicht auf den betroffenen Rechtsträger ein einheitlich hohes Verfahrens- und Identifikationsniveau, das die Zuverlässigkeit des mit Publizität versehenen Handelsregisters sicherstellt und ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.06.2022 10:00
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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