Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

BGH v. 22.7.2021 - I ZR 212/17

Verfall einer Marke wegen Nichtbenutzung: Wie definiert sich der Nichtbenutzungszeitraum von fünf Jahren?

Der für die Feststellung maßgebliche Zeitpunkt, ob der in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 genannte ununterbrochene Nichtbenutzungszeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, ist derjenige der Erhebung der Widerklage auf Erklärung des Verfalls.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Gartengeräte her. Sie ist Inhaberin einer für die Ware "Bewässerungsspritze" eingetragenen dreidimensionalen Unionsmarke. Die Beklagte bot bis zumindest Januar 2015 in ihrem Onlineshop ein Spiralschlauch-Set ebenfalls mit einer Bewässerungsspritze an.

Die Klägerin hat dieses Angebot als Verletzung ihrer Unionsmarke angesehen und die Beklagte u.a. auf Unterlassung verklagt. Die Beklagte hat widerklagend die Löschung der Unionsmarke wegen Verfalls beantragt.

Das LG gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Das OLG hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Unionsmarke für verfallen erklärt. Für die Berechnung des ununterbrochenen Zeitraums der Nichtbenutzung, der Voraussetzung für den Verfall der Marke ist, sei nicht die Erhebung der Widerklage im September 2015, sondern der Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 maßgeblich. Die Klägerin habe die Marke bis zu diesem Zeitpunkt nicht innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ernsthaft benutzt, weil die Bewässerungsspritze nur bis Mai 2012 vertrieben worden sei.

Im Revisionsverfahren legte der BGH dem EuGH Fragen zur Ermittlung dieses Verfallszeitraums vor. Der EuGH hat diese Fragen wie folgt beantwortet:

Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls einer Unionsmarke der Zeitpunkt, auf den für die Feststellung, ob der in dieser Bestimmung genannte ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, abzustellen ist, der Zeitpunkt der Erhebung dieser Klage ist.

Der BGH hat daraufhin der Revision stattgegeben.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der mit der Widerklage geltend gemachte Löschungsanspruch wegen Verfalls nicht zuerkannt werden.

Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV, dem Art. 58 Abs. 1 Buchst. a UMV entspricht, wird die Unionsmarke auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist.

Der für die Feststellung, ob der in dieser Bestimmung genannte ununterbrochene Zeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist, maßgebliche Zeitpunkt ist - wie der EuGH auf die im Streitfall erfolgte Vorlage entschieden hat - derjenige der Erhebung der Widerklage auf Erklärung des Verfalls.

Eine Marke wird i.S.d. Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern.

Nach diesem Maßstab kann im Streitfall das Vorliegen der Verfallsvoraussetzungen nicht angenommen werden.

Nach den Feststellungen des OLG ist die Widerklage im September 2015 erhoben worden. Das OLG hat weiter festgestellt, dass die Klägerin die der Klagemarke entsprechende Bewässerungsspritze bis Mai 2012 vertrieben hat.

Danach kann der Verfall der Klagemarke nicht angenommen werden, weil die Klagemarke im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht, wie für den Verfall erforderlich, für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt war. Der bis Mai 2012 vorgenommene Vertrieb der der Klagemarke entsprechenden Bewässerungsspritze stellt eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung dar.

Danach ist das angegriffene Urteil aufzuheben.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.09.2021 11:42
Quelle: BGH online

zurück zur vorherigen Seite