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Aktuell in der ZIP

Beschlussfassung und Beschlussanfechtung in der Personenhandelsgesellschaft nach dem MoPeG-RegE (Schäfer, ZIP 2021, 1527)

Der nachfolgende Beitrag stellt die Änderungen dar, die das am 24./25. 6. 2021 beschlossene MoPeG im Recht der Beschlussfassung und der Beschlussanfechtung bei OHG und KG nach sich ziehen wird. Während es im Recht der GbR im Wesentlichen beim geltenden Rechtszustand bleibt, werden sich für die Personenhandelsgesellschaften erhebliche Änderungen ergeben, sowohl bei den Förmlichkeiten der Beschlussfassung als vor allem auch bei der Beschlussanfechtung. Hier folgt das neue Recht im Grundsatz dem aktienrechtlichen Anfechtungsmodell und passt es an die Besonderheiten der Personengesellschaft an. Die neuen Bestimmungen werden nachfolgend analysiert und (vereinzelt auch kritisch) kommentiert. – Das Manuskript beruht auf einem Vortrag, den der Verfasser auf dem diesjährigen RWS-Forum Gesellschaftsrecht gehalten hat; die Vortragsform wurde teilweise beibehalten.


I. Einführung

II. Änderungen im Recht der Beschlussfassung

1. Mehrheitsbeschlüsse allgemein

2. Die neuen Verfahrensregeln des § 109 HGB-RegE

2.1 Allgemeines

2.2 Versammlungserfordernis

2.3 Einberufungszuständigkeit

2.4 Beschlussfähigkeit

III. Beschlussmängelrecht

1. Ausgangspunkt und Regelungsansatz

2. Überblick über die §§ 110 bis 115 HGB-RegE

3. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit

4. Anfechtungsklage

5. Nichtigkeitsklage

6. Feststellungsklage

7. „Opt-out“ und seine Umsetzung

IV. Fazit


I. Einführung

Das MoPeG, das am 24. 6. 2021 nach einigen Wirren schließlich doch noch in dieser Legislaturperiode vom Bundestag beschlossen wurde und nach einer großzügig bemessenen Übergangsphase (ein Zugeständnis an die Länder) am 1. 1. 2024 in Kraft treten wird, beruht im Wesentlichen auf dem sog. Mauracher Entwurf, den die „Expertenkommission Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ im März 2021 mit wesentlicher Unterstützung durch das Referat III A 1 des BMJV unter Leitung von Eberhard Schollmeyer vorgelegt hat. Referentenentwurf (November 2020) und Regierungsentwurf (Januar 2021) haben alles in allem zwar nur geringfügige Änderungen gegenüber dem Mauracher Entwurf vorgenommen. Für die hier zu behandelnden Themen gilt das allerdings nicht.

Zur Beschlussfassung in der Personenhandelsgesellschaft ist eine völlig neue Bestimmung geschaffen worden, die in der Expertenkommission noch nicht diskutiert wurde. Dies setzt mich in die Lage, die vorgeschlagenen Regeln gewissermaßen von außen beurteilen zu können. Auch in Bezug auf das Beschlussmängelrecht hat es eine bemerkenswerte Veränderung gegeben. Anders als zunächst vorgesehen, wird das Anfechtungsmodell nur für OHG und KG als gesetzliche Regel mit Opt-out-Möglichkeit eingeführt, nicht also für die GbR und PartG. Eine solche Verlagerung war dem Gesetzgeber in der Diskussion des Mauracher Entwurfs verschiedentlich empfohlen worden.

Im Folgenden werden zunächst die neuen Regeln zur Beschlussfassung präsentiert und vor allem das neue Versammlungserfordernis, die Einberufungszuständigkeit und Beschlussfähigkeit erläutert und kommentiert (unter II). – Der zweite Teil des Beitrags ist dem neuen Beschlussmängelrecht gewidmet und wird insbesondere die Unterscheidung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit darstellen, ferner Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage und ihr Verhältnis zur Feststellungsklage. Knappe Hinweise zum „Opt-out“ aus dem Anfechtungssystem schließen den Beitrag (unter III).

II. Änderungen im Recht der Beschlussfassung

1. Mehrheitsbeschlüsse allgemein


Beim Thema Mehrheitsbeschlüsse ist am Ende doch alles beim Alten geblieben; sedes materiae sind zunächst § 714 BGB-RegE und § 109 Abs. 3 HGB-RegE, die jetzt schlicht besagen: „Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter.“ Das entspricht bekanntlich dem geltenden Recht. Im Mauracher Entwurf war noch eine andere, in der Kommission allerdings umstrittene Regel enthalten, die lauten sollte: „Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, gilt dies im Zweifel auch für Beschlüsse, die auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrags gerichtet sind.“

Der zweite Satz ist in der öffentlichen Diskussion von vielen kritisiert worden; Drescher hat ihn als „zweifelhafte Zweifelsregelung“ bezeichnet, K. Schmidt als „geradezu instinktlos“ – m. E. zu Recht. Deutlich näher liegt die Annahme, dass Vertragsänderungen ohne besondere Regelung nicht mit derselben Mehrheit entschieden werden – woraus aber nicht folgt, dass ein zwingendes qualifiziertes Quorum gelten sollte. Nachdem die Regelung im RegE nun gestrichen wurde, ist es beim Einstimmigkeitsprinzip als gesetzlicher Regel geblieben (§ 714 BGB-RegE, § 109 Abs. 3 HGB-RegE), die aber zweifelsfrei durch eine gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklausel geändert werden kann (§ 708 BGB-RegE, § 108 HGB-RegE, s. a. BegrRegE S. 171). Und wie bisher folgt die Auslegung von Mehrheitsklauseln den allgemeinen Grundsätzen, wozu bekanntlich nicht mehr der vom BGH 2015 „brüsk beiseite geräumte“ (so K. Schmidt) Bestimmtheitsgrundsatz gehört. Eine Mehrheitsklausel braucht daher die einzelnen Beschlussgegenstände, für die sie gelten soll, nicht einzeln aufzulisten.

Die allgemeinen Regeln gelten auch für die Frage, ob (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.08.2021 09:39
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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