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BGH, Beschluss vom 23. März 2021 - EnVR 74/19

Leitsätze des Gerichts:
1. Für rückwirkende Änderungen einer rechtswidrigen belastenden Festlegung der Bundesnetzagentur gelten unabhängig davon, ob sie auf § 29 Abs. 2 Satz 1 EnWG oder § 29 Abs. 2 Satz 2 EnWG, § 48 Abs. 1 VwVfG gestützt sind, die gleichen Maßstäbe.
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2. Schlechthin unerträglich kann die Aufrechterhaltung einer Festlegung (hier: zum Ausschluss einer kaufmännisch-bilanziellen Berechnung des Strombezugs) für die Vergangenheit nur sein, wenn sie bereits bei ihrem Erlass offensichtlich rechtswidrig war. Dass die Rechtswidrigkeit erst später zutage tritt, reicht dafür nicht aus.
3. Durch die bloße Entgegennahme der Anzeige der Vereinbarung eines individuellen Netzentgelts durch die Bundesnetzagentur kann kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen, da § 19 Abs. 2 StromNEV 2014 dem Letztverbraucher die Verantwortung dafür zuweist, dass die Voraussetzungen für ein individuelles Netzentgelt eingehalten sind.
4. Die Aufrechterhaltung einer bestandskräftigen Festlegung für die Vergangenheit ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn einzelne Letztverbraucher für ein netzdienliches Abnahmeverhalten vergebliche Aufwendungen erbracht haben. Einer rückwirkenden Änderung steht die sich aus § 1 Abs. 2 EnWG ergebende regulatorische Zielsetzung entgegen, einen für alle Beteiligten gleichermaßen geltenden Regelungsrahmen zu schaffen, weil sie auf Beteiligte trifft, die ihr Verhalten an anderen Regelungen ausgerichtet haben.

(Volltext)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.07.2021 09:28

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