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AG München v. 28.6.2021 - 191 C 15959/20

Absage einer Messe wegen Corona: Schaden wegen sinnlos gewordener Messeausstattung wird annähernd geteilt

Das AG München gab einer Messeausstatterin weitgehend Recht und verurteilte den beklagten Bonner Fachverband aus der Betonsparte zur Zahlung eines fast hälftigen Mietanteils von 1.200,- € nebst Zinsen und Kosten.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt die Hälfte der für die Bestuhlung eines Messestandes der Beklagten vereinbarten Miete. Zwischen dem 3.5. bis 8.5.2020 sollte in München die Messe „IFAT 2020“ stattfinden, die wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Die Beklagte orderte am 19.12.2019/10.2.2020 bei der Klägerin Barhocker, Steh- und Bistrotische für ihren Messestand gegen Zahlung von knapp 4.000,- € einschließlich der Kosten für Transport, Auf- und Abbau. Die Beklagte stornierte im März 2020 diesen Auftrag, da die Messe abgesagt wurde.

Die Klägerin meint, dass die Beklagte 50 % der vereinbarten Miete, also knapp 1.500,- €, für das Mobiliar zahlen müsse; Kosten für Auf- und Abbau etc. würden nicht verlangt. Die Beklagte macht geltend, die Leistung der Klägerin sei unmöglich geworden, weil die Messe abgesagt wurde und damit von der Klägerin auch keine Möbel für einen Messestand in der Messe München geliefert werden konnten. Wie ein für Rosenmontag angemieteter Fensterplatz bei zur Verfügungstellung erst am Aschermittwoch wertlos sei, so verhalte es sich auch hier mit der sinnlos gewordenen vereinbarten Leistung. Ein Aufstellen der Möbel nach erfolgter Absage der Messe hätte angesichts versperrter Messehallen auch nur im Wege des Hausfriedensbruchs bewerkstelligt werden können.

Das AG gab weitgehend der Klägerin Recht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Zur Zeit der Kündigung des Mietvertrages (März 2020) war die Leistung der Klägerin noch nicht fällig, so dass sich die Frage nach der Möglichkeit der Leistung noch nicht stellte und sich wegen der Kündigung auch später nicht mehr stellte. Aber auch wenn auf den geplanten Leistungszeitraum (Anfang Mai 2020) abgestellt wird, fehlt es an der Unmöglichkeit der Vermieterleistung. Das vermietete Mobiliar war vorhanden und konnte der Beklagten angeliefert werden. Auch eine Anlieferung in der Messehalle Anfang Mai 2020 war (technisch/logistisch) möglich; das dazu notwendige Einverständnis des Gebäudebesitzers (Messe München) hätte von der Beklagten eingeholt werden müssen.

Die Absage der Messe und die damit verbundene auf der Hand liegende Sinnlosigkeit, einen Messestand mit gemieteten Möbeln zu bestücken, führen auch nicht dazu, hierin bloß das Verwendungsrisiko der Mietsache zu sehen, welches allein der Mieter zu tragen hat und das den Anspruch auf die Miete nicht entfallen lässt.

Die wegen der Corona-Pandemie erfolgte Absage der Messe stellt vielmehr eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages dar (§ 313 BGB). Der mit dem Mietvertrag verfolgte Zweck, der Beklagten einen Auftritt auf der Messe zu ermöglichen, wurde von beiden Vertragsparteien verfolgt und dürfte sogar zum Geschäftsmodell der Klägerin zählen. Der in der Corona-Pandemie liegende Grund der Messeabsage fällt weder allein in die Sphäre der Klägerin noch in die der Beklagten, sondern trifft beide Parteien gleichermaßen. Nach § 313 Abs. 1 BGB ist der Mietvertrag anzupassen. Da dieser wegen des Zeitablaufs nicht weiter durchführbar ist, kann es nur noch darum gehen, wie sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage auf den Entgeltanspruch der Klägerin auswirkt. Das Gericht vermag dem Standpunkt der Beklagten nicht zu folgen. Dieser würde dazu führen, der Beklagten ein außerordentliches Kündigungsrecht zuzubilligen, mit dessen Hilfe sie sich des unnötigen, sinnentleerten Vertrages entziehen kann. Dies berücksichtigt nicht, dass auch sie vertraglich das Verwendungsrisiko an der Mietsache übernommen hatte und sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht einseitig zum Nachteil der Klägerin auswirken kann.

Andererseits erscheint allein eine Halbierung der vereinbarten Miete nicht ganz zutreffend. Die Klägerin wurde vorliegend von ihrer gesamten Leistung frei und musste die zur Abwicklung des Mietvertrages notwendigen Aufwendungen nicht tätigen; sie trägt auch kein Risiko, dass die vermieteten Gegenstände abgenutzt oder beschädigt werden. Der Klägerin war daher ein (Teil-)Entgelt von 1.200,- € zuzubilligen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.07.2021 15:57
Quelle: AG München PM Nr. 25 vom 2.7.2021

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