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OLG Frankfurt a.M. v. 29.4.2021 - 6 U 200/19

Nachbehandeltes arsenhaltiges Rohwasser ist kein Bio-Mineralwasser

Von einem "Premiummineralwasser in Bio Qualität" wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Der Verkehr rechnet nicht damit, dass das Mineralwasser mit einen so hohen Arsenanteil gefördert wird, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasserverordnung nicht genügt und deshalb zur Anbindung des Arsens durch Mangansand geleitet werden muss. Werbung mit einer vermeintlichen "Bio-Qualität" eines solchen Wassers ist daher unzulässig.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als "reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird".

Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio-Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig.

Das LG gab der Klage lediglich teilweise statt. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage ganz überwiegend statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Die Gründe:
Die auf die Bio-Qualität des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen sind irreführend. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erwartet der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz "Bio" bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner ist als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfüllt.

Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handelt es sich hier jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weist vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordert. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handelt, kann offenbleiben. Jedenfalls geht die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliegt. Und wenn die Bewerbung als Mineralwasser mit Bio-Qualität irreführend ist, so trifft dies auch auf das Siegel "Premiummineralwasser in Bio Qualität" zu.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.05.2021 14:13
Quelle: OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 28 vom 4.5.2021

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