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CMS European M&A Study 2021: Umfeld für M&A-Transaktionen in Europa in der Coronakrise käuferfreundlicher

Frankfurt/Main – Der europäische M&A-Markt ist wieder käuferfreundlicher geworden, nachdem die Corona-Pandemie zunächst zu einer größeren Risikoscheu auf Seiten der Erwerber geführt hat. Regelungen zur Risikoallokation in M&A-Transaktionsverträgen haben sich zugunsten der Käuferseite verschoben.

So gab es einen deutlichen Anstieg bei den Haftungshöchstgrenzen für Gewährleistungsansprüche, Verjährungsfristen wurden länger, und es gab eine geringere Anzahl von sogenannten Locked-Box-Transaktionen, mit einem bei Unterzeichnung der Transaktion nicht mehr anzupassenden Kaufpreis.

Die von CMS seit dem Jahr 2009 jährlich herausgegebene Analyse der grundlegenden Regelungen, die in M&A-Verträgen getroffen werden, ist die umfassendste dieser Art. Sie basiert auf einer hauseigenen Datenbank, in der mittlerweile mehr als 5.000 M&A-Transaktionen erfasst sind.

Die diesjährige M&A-Studie zeigt, dass das Transaktionsgeschehen nach wie vor von Käufern angetrieben wird, die neue Märkte erschließen wollen (45 Prozent). Ungefähr ein Drittel (31 Prozent) der Transaktionen hatte als Motivation den Erwerb von zusätzlichem Know-how oder eine sogenannte Aqui-hire-Transaktion, bei der die Übernahme vor allem von hoch qualifizierten Mitarbeitern im Fokus stand. Bei22 Prozent der Transaktionen 2020 die Übernahme eines Wettbewerbers der Transaktionstreiber.

Dr. Maximilian Grub, Partner im Bereich Corporate/M&A bei CMS Deutschland, kommentiert: „Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Trend der immer verkäuferfreundlicheren Regelungen in M&A-Transaktionen ist im letzten Jahr gebrochen worden. Sicherlich auch bedingt durch die Coronakrise konnten Käufer für sie günstigere Regelungen zur Risikoallokation wieder verstärkt durchsetzen. Damit folgt die Dealpraxis in Europa einem Trend, der auch in den USA festzustellen ist. Dieser Trend in Richtung einer stärkeren käuferfreundlichen Marktpraxis ist angesichts der Coronakrise nachvollziehbar, allerdings hatten wir eine noch stärkere Auswirkung in Richtung eines Käufermarktes erwartet.“

Stefan Brunnschweiler, Leiter der internationalen CMS Corporate/M&A Group, kommentiert: „Ungeachtet des Transaktionsvolumens ist es wichtig, die Entwicklung der Vertragsbestimmungen genau im Auge zu behalten. Bis zum Jahr 2020 galt Europa als verkäuferfreundlich. In diesem Jahr sehen wir wesentlich mehr käuferfreundliche Regelungen, sprich eine ähnliche Risikoverteilung wie in den USA.“

Zu den Anzeichen einer eher käuferfreundlichen Entwicklung zählen:

  • Längere Verjährungsfristen – die Verjährungsfristen von 24 Monaten und mehr nahmen zu (23 Prozent der Deals, was gegenüber 2019 einem Zuwachs von vier Prozentpunkten entspricht)
  • Anstieg der Haftungshöchstgrenzen – die transaktionsbezogenen Haftungshöchstgrenzen stiegen im Jahr 2020 deutlich an. Es gab weniger Deals mit einer Höchstgrenze von unter 50 Prozent des Kaufpreises, mit einem Rückgang auf 49 Prozent gegenüber dem Rekordwert von 60 Prozent im Jahr 2017. Darüber hinaus gab es mehr Deals, bei denen die Haftungshöchstgrenze dem Kaufpreis entsprach.
  • Transaktionen mit Locked-Box-Regelungen – leichter Rückgang von Transaktionen ohne Kaufpreisanpassung (51 Prozent im Jahr 2020 gegenüber 56 Prozent im Jahr 2019), wobei der allgemeine Aufwärtstrend anhält.
  • De-minimis- und Basket-Regelungen gelten am Markt als Standard – sie kommen inzwischen bei der Mehrheit der Transaktionen (74 Prozent bzw. 68 Prozent gegenüber 73 Prozent bzw. 66 Prozent im Jahr 2019) vor.

Weitere wichtige Ergebnisse:

  • Anhaltende Verwendung von Warranty-&-Indemnity-Versicherungen (W&I-Versicherung) – die Beliebtheit von W&I-Versicherungen sank 2020 um zwei Prozentpunkte (auf 17 Prozent). Allerdings wurden sie nach wie vor bei knapp der Hälfte der Transaktionen mit einem Kaufpreis von über 100 Millionen Euro gewählt. 
  • Langsamer Rückgang der Kaufpreisanpassungen – Kaufpreisanpassungen waren bei M&A-Verträgen leicht rückläufig (44 Prozent gegenüber 45 Prozent im Jahr 2019), was darauf hindeutet, dass die Vertragspartner in Bezug auf die Kaufpreishöhe bei Unterzeichnung der Transaktionsdokumente größere Sicherheit anstreben.
  • Earn-outs bleiben konstant – Zwar wurden aufgrund der Coronakrise mehr Transaktionen mit Earn-out-Regelungen erwartet, mit 21 Prozent aller Abschlüsse blieb der Anteil jedoch fast unverändert. Diese Quote liegt über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre, bleibt aber hinter den Werten in den USA zurück.

Regionale Unterschiede

Die Corona-Pandemie hat in Europa, ähnlich wie in den USA, in denen eher käuferfreundliche Positionen dominieren, zu einer tendenziellen Bevorzugung der Käuferseite geführt. Die Marktpraxis in Europa ist in Bezug auf Kaufpreisanpassungen jedoch mit einem Anteil von 44 bis 45 Prozent der Transaktionen mit Kaufpreisanpassungen in den letzten Jahren nahezu gleichgeblieben. Ganz anders die Marktpraxis in den USA: dort werden Kaufpreisanpassungen in nahezu allen Transaktionen (95 Prozent) vereinbart.

Die Analyse zeigt auch wesentliche Unterschiede in der Marktpraxis innerhalb der europäischen Regionen auf:

  •  Im Vereinigten Königreich wurde die Kaufpreisanpassung bei 54 Prozent aller Transaktionen vereinbart, deutlich häufiger als in Frankreich (36 Prozent) und den Benelux-Ländern (34 Prozent).
  • In MOE und Südeuropa kommen wesentlich höhere Haftungshöchstgrenzen vor (so betrug bei 67 Prozent, beziehungsweise 76 Prozent aller Transaktionen die Haftungshöchstgrenze über 50 Prozent des Kaufpreises), in Europa waren es im Durchschnitt 43 Prozent.
  • W&I-Versicherungen werden in Frankreich, den Benelux-Ländern und Südeuropa nach wie vor selten abgeschlossen, und zwar lediglich in fünf bis 20 Prozent der Fälle. Im Vereinigten Königreich sank die Verwendung ebenfalls (von 37 Prozent im Jahr 2019 auf 27 Prozent im Jahr 2020).
  • Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wurde im Vereinigten Königreich ein deutlicher Rückgang bei Transaktionen mit Locked-Box-Regelungen verzeichnet (30 Prozent gegenüber 61 Prozent im Jahr 2019).
  • In MOE wurden Earn-out-Regelungen deutlich häufiger vereinbart, nämlich bei 20 Prozent aller Transaktionen gegenüber acht Prozent im Jahr 2019, was eher dem europäischen Durchschnitt von 21 Prozent entspricht.
  • Die Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche sind in MOE, Frankreich und Südeuropa wesentlich länger.
  • Bei rund einem Drittel (32 Prozent) aller Abschlüsse wurde ein Schiedsverfahren als Streitlösungsmittel gewählt. Dabei waren Schiedsverfahren in bestimmten Regionen (Vereinigtes Königreich, Frankreich und Benelux-Länder) weniger beliebt als in anderen (MOE, deutschsprachige Länder und Südeuropa)

Über die Studie:

Die CMS European M&A Study 2021 gewährt Einblicke in rechtliche Regelungen von Fusions- und Übernahmeverträgen (M&A-Verträgen). Dabei werden innereuropäische Vergleiche sowie Vergleiche mit den USA gezogen und relevante Marktentwicklungen aufgezeigt. CMS analysiert dazu nicht öffentlich zugängliche M&A-Transaktionsverträge über einen Zeitraum von 2007 bis 2020, die sich auf nicht börsennotierte öffentliche und private Unternehmen in Europa beziehen. Von den 5.017 von CMS begleiteten Transaktionen, die im Rahmen der Studie ausgewertet wurden, stammen 408 aus dem Jahr 2020 und 3.849 aus dem Zeitraum 2010 bis 2019.

Weitere Informationen: https://cms.law/en/int/publication/cms-european-m-a-study-2021



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.03.2021 10:44

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